Legendäres Design, Teil 6: Textur, Modell und Farbe der Waffe

Legendäres Design, Teil 6: Textur, Modell und Farbe der Waffe

Nach dem Erscheinen unserer verschiedenen Artikel zum Projekt „Legendäres Design“ haben wir immer wieder die Bitte erhalten, weitere Hintergrundinformationen zum visuellen Designprozess in Diablo III zu veröffentlichen. Was fließt in das Aussehen eines Gegenstands ein? Wie lang dauert so etwas normalerweise? Wer arbeitet an den Grafiken der Gegenstände: eine Person oder ein Team? Warum ist Aaron Gaines so ein umwerfender Typ? Und so weiter und so fort.

Tja, was sollen wir sagen? Ihr wollt es – ihr kriegt es! Lest weiter, um Schritt für Schritt zu erfahren, wie wir unser legendäres Community-Schwert zum Leben erweckt haben. Und danach gibt es noch ein Interview mit Aaron höchstpersönlich!


 Vom Konzept zur Animation: Die Entstehung eines legendären Gegenstands

Alles begann mit einer ersten Konzeptgrafik. Da bekannt war, dass die Community sich im Rahmen des Projekts „Legendäres Design“ für ein Einhandschwert im Mephisto-Thema entschieden hatte, skizzierte Aaron einen „ersten Entwurf“ in Photoshop.

Nächster Schritt: die Weiterentwicklung! Nach Abschluss des ersten Konzepts erstellte Aaron ebenfalls in Photoshop eine zweite Konzeptgrafik. Diese Zeichnung sollte als „endgültiges Konzept“ dienen und schließlich eine visuelle Ausgangsbasis für das Spielmodell bieten. Vor dem Entwurf dieser Version las Aaron sich Feedback aus der Community durch und passte das Design des Konzepts basierend auf Vorschlägen der Spieler an.

Nachdem Aaron das endgültige Konzept fertiggestellt hatte, benutzte er die 2D-Zeichnung als Grundlage, um in zBrush mit dem Erstellen eines 3D-Modells mit hoher Polygondichte zu beginnen.

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Nach Fertigstellung des Modells mit hoher Polygondichte in zBrush erstellte Aaron eine Version mit weniger Polygonen in Maya. Danach legte er die Textur des Schwerts mit hoher Polygondichte auf das Modell mit wenigen Polygonen, um eine detaillierte Version mit geringer Polygonanzahl zu erhalten, die im Spiel verwendet werden kann. Auf dem rechten Bild seht ihr sowohl das ursprüngliche (links) als auch das mit der hochauflösenden Textur versehene Modell (rechts).

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Anschließend wurde das 3D-Modell „auseinandergefaltet“, um es für die Bemalung in Photoshop vorzubereiten.

Für diejenigen unter euch, die sich mit 3D-Grafiken nicht auskennen: Die Art, eine bestimmte Textur um ein Modell zu legen, wird durch Mapping-Koordinaten (auch bekannt als UVW-Koordinaten) bestimmt. Beim „Auseinanderfalten“ (engl.: Unwrapping) werden diese Koordinaten auf eine Fläche gelegt, damit die Textur aufgemalt werden kann. Ihr könnt es euch ungefähr so vorstellen, als würde ein Pappkarton in seine ursprüngliche Form zurückgefaltet oder ein Globus zu einer zweidimensionalen Karte ausgerollt.

Für diejenigen unter euch, die sich mit 3D-Grafiken nicht auskennen: Die Art, eine bestimmte Textur um ein Modell zu legen, wird durch Mapping-Koordinaten (auch bekannt als UVW-Koordinaten) bestimmt. Beim „Auseinanderfalten“ (engl.: Unwrapping) werden diese Koordinaten auf eine Fläche gelegt, damit die Textur aufgemalt werden kann. Ihr könnt es euch ungefähr so vorstellen, als würde ein Pappkarton in seine ursprüngliche Form zurückgefaltet oder ein Globus zu einer zweidimensionalen Karte ausgerollt.

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Nach dem Erstellen der Textur gab Aaron den Staffelstab an Jill Harrington weiter, die im Diablo III-Entwicklerteam als Senior Technical Artist arbeitet. Jill ist zuständig für die tollen Effekte, die ihr auf dem folgenden Screenshot seht, und sorgt dafür, dass sie richtig animiert werden, wenn euer Held alles kurz und klein schlägt.

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Und das war sie auch schon, die Entstehungsgeschichte eines legendären Gegenstands von der Konzeptzeichnung bis zur Animation. Nicht schlecht, oder?


 Interview mit Aaron Gaines

Sollte es euch nach weiteren Informationen über die Erstellung von Gegenständen in Diablo III dürsten, ist heute euer Glückstag! Rein zufällig hatten wir nämlich die Gelegenheit, uns mit Aaron über seine Rolle im Projekt „Legendäres Design“ zu unterhalten – d. h., wir haben ihm die Fragen per E-Mail geschickt, weil wir eben Gamer sind und das wesentlich effektiver ist. Viel Spaß!

Frage: Erzähl uns doch mal ein bisschen was über dich und deinen Job. Was genau macht ein 3D Character Artist für Diablo III?

Antwort: Ein Character Artist für Diablo III vereint alle möglichen konzentrierten Energien in einer Person. Helden, Monster, Bosse, NSCs, Gegenstände, Waffen und Rüstungen sind unser tägliches Brot. Manche von uns entwerfen eigene Konzepte, andere sind sogar bewandert in Rigging, Spezialeffekten und Scripting. Mein Gebiet ist das Design und die Erstellung von Waffen.

Frage: Wie viele Character Artists, die sich mit Gegenstandsdesign befassen, sind derzeit im Diablo III-Entwicklerteam beschäftigt? Und wie legt ihr fest, wer an welcher Waffe arbeitet?

Momentan sind wir sechs Character Artists und jeder von uns ist in puncto Stil und Persönlichkeit einzigartig. Die Arbeitsumgebung ist wirklich toll. Jeder lernt vom anderen und wir helfen uns gegenseitig, um noch besser zu werden. Wenn unsere Abteilung einen Auftrag erhält, schauen wir erst mal, ob jemand Bestimmtes ihn bearbeiten möchte. Manchmal kommt so etwas auch auf eine Liste und geht an alle bzw. den, der gerade Zeit hat. Wenn jemand aber einen Job wirklich übernehmen möchte, bekommt er ihn meistens auch.

Frage: Wo fängst du beim visuellen Design eines Gegenstands in einem Spiel wie Diablo III an? 

Ich könnte den ganzen Tag davon erzählen, was eine Diablo III-Waffe ausmacht. Das Erstellen von Waffen ist absolut mein Ding. Vor einiger Zeit haben wir einen einfachen Styleguide mit genau diesem Ziel verfasst: jedem, der an einem Gegenstand arbeitet, klare Anweisungen zu geben und dafür zu sorgen, dass er seine Aufgabe versteht. Für mich ist es am wichtigsten, die Dinge realistisch zu halten, aber trotzdem mit einem Fantasy-Touch zu versehen. Für uns ist das „Low Fantasy“, wohingegen WoW z. B. eher „High Fantasy“ wäre. Wiedererkennbare Materialien und Themen sowie kräftige, hervorstechende Umrisse sind für die von uns verwendete Kameraperspektive unabdingbar. WoW verwendet eine sehr große, klobige und sperrige Designsprache, die unglaublich gut zu dieser Welt passt. Wir jedoch müssen uns ein wenig zurücknehmen, trotzdem aber dieses epische Blizzard-Gefühl rüberbringen. Das ist eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle.

Frage: Kannst du uns ein bisschen mehr über den gesamten visuellen Designprozess erzählen? Für diejenigen, die noch nie einen Gegenstand in einem Spiel entworfen haben: In welchen verschiedenen Phasen werden Dinge zum Leben erweckt?

Wie eigentlich immer beim Gamedesign läuft nie alles genau nach Plan. Irgendjemand hat vielleicht eine Idee und schreibt z. B. einen Hintergrundtext. Oder es heißt „Wir brauchen sofort sechs neue Schwerter“ und wir müssen schleunigst jemanden an die Konzepte setzen und das Design später auf dieser Grundlage durchführen.

Idealerweise benötigt das Designteam eine Grafik für einen gewünschten Gegenstand. Das Konzept- oder Charakterteam fertigt zuerst grobe Skizzen an, danach kommt eine ausgefeiltere Grafik, die auf der gemeinsam festgelegten besten Idee basiert. Dann geht alles an einen Character Artist und wird modelliert, bemalt und mit unseren Programmen ins Spiel exportiert. Schließlich sagen alle WOW, DAS IST DER HAMMER – und wir essen Kuchen und feiern.

Frage: Wie lang dauert es im Durchschnitt, bis ein Spielgegenstand (besonders ein legendärer) die Phasen vom Konzept bis zur Umsetzung durchlaufen hat – zumindest in visueller Hinsicht?

Für legendäre Gegenstände benötigen wir meistens ein wenig länger als für Standardausführungen – immerhin sind die Dinger auch ziemlich cool. Normalerweise dauert die Konzeptphase 1–2 Tage, danach folgen 1–3 Tage für die Umsetzung. Für einen Helm oder Schulterschutz brauchen wir mehr Zeit, da wir so etwas von Hand für alle Klassen sowie in Ausführungen für Männer und Frauen anpassen müssen. Ich würde schätzen, dass es ungefähr eine Woche dauert, aber da es sich hierbei oft um Teile aus Gruppen von Gegenständen handelt, die einen späteren Abgabetermin haben, lässt sich das nur schwer genau sagen.

Frage: Bei unserem Projekt „Legendäres Design“ hat die Community sich für ein Einhandschwert im Mephisto-Thema entschieden. Das hört sich für mich ziemlich spannend an! Kannst du uns erläutern, wie du diese Information auf das Design dieser speziellen Waffe übertragen hast?

Für mich war es auch ziemlich spannend, da ich Mephisto sehr mag und alle anderen offenbar auch ... und das ist einfach großartig. Danach war es eine Mischung aus der visuellen Übertragung der Idee für den Gegenstand sowie der Berücksichtigung einiger großartiger Vorschläge aus Forenposts. Mit dem Endergebnis bin ich wirklich sehr zufrieden.

Frage: Was gefällt dir an dieser Waffe am besten?

Ich glaube, mir gefällt die Bösartigkeit der Klinge am besten. Sie sieht aus wie das Maul eines Tigerhais, der mal dringend zum Kieferorthopäden müsste ... Ich würde damit nicht gerne eins übergezogen bekommen.

Frage: Welcher Teil des Designs war der anspruchsvollste?

Dafür zu sorgen, dass es einzigartig genug ist und nicht zu überfrachtet wirkt. Bei diesem Schwert passiert so einiges. Ich musste die richtigen Dinge als Bezugspunkte und andere Bereiche zur visuellen Unterstützung auswählen, damit alles unter Kontrolle bleibt und der Gegenstand nicht lächerlich wirkt.

Frage: Hast du vielleicht noch Empfehlungen für aufstrebende junge Künstler?

Der beste Ratschlag, den ich geben kann, lautet: Hört nie auf, an euch selbst zu glauben, Inspirationen aufzunehmen und Kunst zu schaffen. Wenn man kein außerirdisches Genie ist, wird man auch nicht über Nacht zum Meister. Wie es das Sprichwort schon sagt, braucht man Übung, um einer zu werden!

Außerdem sollte man wissen, wann man aufhören muss. Man kann sich unendlich lang mit winzigen Details aufhalten, aber um aus dem letzten Werk zu lernen, muss man sich mit dem nächsten befassen.


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